Wer in Deutschland ein Gebäude oder eine Gebäudeeinheit
kauft oder neu mietet, sollte den Energieausweis verlangen.
Erst dann verpflichtet die EnEV 2009 den Verkäufer oder
Vermieter dem potenziellen Kunden unverzüglich einen
gültigen Energieausweis zu zeigen – oder wie es in der
Verordnungssprache heißt: „zugänglich zu machen“. Die
Novelle der EU-Richtlinie verlangt nun, dass die
EU-Mitgliedsstaaten die Verkäufer und Vermieter direkt
verpflichten einen Energieausweis ausstellen zu lassen und
ihn den Kunden zu zeigen sowie ihnen eine Kopie davon zu
überreichen. Im Artikel 12 (Ausstellung von Ausweisen über
die Gesamtenergieeffizienz) fordert die EU-Richtlinie im
zweiten Absatz: „Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass bei
Bau, Verkauf oder Vermietung von Gebäuden oder Gebäudeteilen
der Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz oder eine Kopie
dieses Ausweises dem potenziellen neuen Mieter oder Käufer
vorgelegt und dem neuen Mieter oder Käufer ausgehändigt
wird.“
Es ist tatsächlich soweit: Die EU-Richtlinie 2010 verlangt,
dass in den kommerziellen Medien bei Anzeigen für Verkauf-
und Vermietung auch der Energieausweis und die
entsprechenden Kennwerte der Gebäudeeffizienz genannt
werden. Allerdings beschränkt sich die Novelle auf solche
Gebäude und Gebäudeteile, bei denen bereits ein gültiger
Energieausweis vorliegt. Das würde in Deutschland auf einen
Schlag alle diejenigen Neubauten betreffen, die vor weniger
als zehn Jahren erbaut wurden – soweit man sie in
kommerziellen Anzeigen anbietet. Ihre Energie-Nachweise
gelten gemäß unserer EnEV 2009 auch zehn Jahre lang als
Energieausweise im Bestand bei Verkauf, Neuvermietung und
öffentlichem Aushang. Die Energieausweise im Bestand sollen
auch nach der EU-Novelle weiterhin zehn Jahre lang gültig
bleiben ab dem Ausstellungsdatum.
Nach wie vor sollen die Energieausweise auch
Modernisierungsempfehlungen beinhalten. Unsere EnEV 2009
definiert sie im § 20 (Empfehlungen für die Verbesserung der
Energieeffizienz) als „kurz gefasste fachliche Hinweise
(Modernisierungsempfehlungen)“. Der Anspruch der EU-Novelle
geht nun allerdings ganz klar in Richtung einer
Energieberatung: „Die Empfehlungen des Ausweises über die
Gesamtenergieeffizienz müssen an dem betreffenden Gebäude
technisch durchführbar sein und können eine Schätzung der
Amortisationszeiträume oder der Kostenvorteile während der
wirtschaftlichen Lebensdauer enthalten.“ Bei öffentlichen
Energieausweisen sollen diese Empfehlungen jedoch nicht auch
für das Publikum ausgehängt werden. Behörden sollen
allerdings innerhalb der zehnjährigen Geltungsdauer des
Energieausweises die Modernisierungsempfehlungen umsetzen,
wenn sie die Eigentümer des entsprechenden Bestandsgebäudes
sind. Damit sollen sie ihrer Vorreiterrolle gerecht werden.
Unsere aktuelle EnEV 2009 setzt die vorhergehende
EU-Gebäuderichtlinie von 2003 um. Wenn eine Behörde in einem
Gebäude über 1.000 Quadratmeter Fläche nutzt und zahlreiche
Bürger sie besuchen, muss der Gebäudeeigentümer seit Mitte
des Jahres 2009 einen Energieausweis für das Publikum gut
sichtbar aushängen. Die Novelle der EU-Richtlinie senkt die
maßgebliche Nutzfläche auf 500 Quadratmeter. Ab 9. Juli 2015
wird diese Fläche nochmals auf 250 Quadratmeter halbiert.
Auch andere Gebäude mit regem Publikumsverkehr (Hotel, Kino,
Kaufhaus, Krankenhaus, usw.) sollen gemäß der Novelle einen
Energieausweis aushängen, wenn folgende Bedingungen beide
zutreffen: Die Gesamtnutzfläche des Gebäudes umfasst über
500 Quadratmeter und es wurde bereits ein gültiger
Energieausweis augestellt. Allerdings betont die
EU-Richtlinie in diesem Zusammenhang, dass man die
Modernisierungsempfehlungen nicht auch mit aushängen muss.
In Deutschland wird diese Regelung auf einen Schlag all
diejenigen Hotels, Kinos, Einkaufszentren usw. betreffen,
für die in den letzten zehn Jahren entweder ein
Energieausweis oder ein älterer EnEV-Nachweis ausgestellt
wurde, der auch als Energieausweis bei Verkauf,
Neuvermietung oder Aushang gilt.
Nach wie vor sollen für Bestandsbauten die Energieausweise
auf der Grundlage des berechneten Energiebedarfs oder des
gemessenen Energieverbrauchs möglich sein. Leider hat sich
an diesem kritischen Grundsatz nichts geändert. Für Käufer
und Neumieter wird es nach wie vor sehr schwierig sein die
Angebote auf dem Immobilienmarkt anhand von Bedarfs- und
Verbrauchsausweisen zu vergleichen.
Der Energieausweis im Bestand soll allerdings nach der
EU-Novelle nicht mehr wie bisher nur informieren. Die
vielzitierte, wohlbekannte Passage „Der Energieausweis dient
nur der Information.“ wurde restlos gestrichen. Anstatt
schreibt die EU-Novelle im Artikel 12 (Ausstellung von
Ausweisen über die Gesamtenergieeffizienz), unter Punkt 7.
folgende Regelung fest: „Mögliche Rechtswirkungen der
Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz bei etwaigen
Rechtsstreitigkeiten bestimmen sich nach den nationalen
Rechtsvorschriften.“ Was es in der Praxis bedeuten wird
werden wir erleben, wenn es soweit ist …
Wer im Altbau sitzt …
Europäische
Gebäuderichtlinie 2010
Energieeffizientere Gebäude
Energieausweis im
Baubestand
Fachliche Fragezeichen
bleiben
Fazit:
Chancen für Sanierer und Fachleute
Quellenhinweise
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