13.11.2008
EU-Aktionsplan für
Energieversorgungssicherheit und
–solidarität: Zweite Überprüfung der Energiestrategie
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Wozu eine Überprüfung der Energiestrategie
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Versorgungssicherheitskonzept der EU
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EU-Aktionsplan für Energieversorgungssicherheit und
Energieversorgungssolidarität
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Entwurf
eines Zukunftsbildes für 2050
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Weitere Informationen
Quelle:
Presseinfo der EU-Kommission vom 13.11.2008
|EU-Presseinfo: Aktionsplan und
Energiestrategie (pdf, Deutsch)
|EU-Kurzinfo: Aktionsplan und
Energiestrategie
(pdf, Englisch)
1.
Wozu eine Überprüfung der Energiestrategie?
Die EU hat sich auf ein
vorausschauendes politisches Programm geeinigt, um ihre wesentlichen
Ziele im Energiebereich, nämlich Nachhaltigkeit,
Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit, zu erreichen, indem
bis zum Jahr 2020 die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent gesenkt,
der Anteil erneuerbarer Energieträger am Energieverbrauch auf
20 Prozent gesteigert und die Energieeffizienz um 20 Prozent
verbessert werden. Nach diesem Programm soll das europäische
Energiesystem in den nächsten Jahren eine grundlegende
Umstrukturierung erfahren, an der Behörden, Regulierungsstellen,
Infrastrukturbetreiber, die Energieindustrie und die Bürger aktiv
beteiligt sein werden. Dazu müssen in einer Zeit des tiefgreifenden
Wandels auf den globalen Energiemärkten und in den internationalen
Beziehungen Entscheidungen getroffen und Investitionen getätigt
werden. Die politische Führung Europas muss klare Aussagen zur
Strategie im Energiebereich treffen. Deshalb wurde die
Energiestrategie einer Überprüfung unterzogen.
2.
Versorgungssicherheitskonzept der EU
Die Energieversorgungssicherheit ist
ein Thema, das die EU als Ganzes betrifft. Angesichts der
Integration der Energiemärkte und -infrastrukturen in der EU sind
spezifische nationale Lösungen oftmals unzureichend. Die
Versorgungssicherheit fällt zwar prinzipiell in die eigene
Verantwortung jedes Mitgliedstaats, doch ist die Solidarität
zwischen Mitgliedstaaten ein grundlegender Aspekt der
EU-Mitgliedschaft. Gemeinsame Strategien zur Risikoteilung und –streuung
sowie der optimale Einsatz des gemeinsamen Gewichts aller EU-Staaten
in globalen Fragen können wirksamer sein als isolierte nationale
Aktionen.
Die „20-20-20“-Strategie der EU geht
unter dem Gesichtspunkt der mittel- bis langfristigen
Energieversorgungssicherheit in die richtige Richtung. Ein
Energiesystem, das auf einer Vielfalt von nicht fossilen
Energiequellen, flexiblen Infrastrukturen und Nachfragemanagement
beruht, wird sich im Hinblick auf die Versorgungssicherheit stark
vom heutigen System unterscheiden.
Kurz- bis mittelfristig bedeutet die
Abhängigkeit Europas von Energieeinfuhren, dass wirksame
Vorkehrungen zur Verhinderung und zum Management von
Versorgungskrisen getroffen werden müssen. Europa kann und muss
seine Anfälligkeit für Störungen der Energieversorgung intern wie
extern in erster Linie durch Entwicklung seiner eigenen Stärken
verringern.
3. EU-Aktionsplan für Energieversorgungssicherheit und ‑solidarität
Die Kommission schlägt einen
EU-Aktionsplan für Energieversorgungssicherheit und ‑solidarität mit
fünf Schwerpunkten vor:
-
Infrastrukturbedarf und
Diversifizierung der Energieversorgung
-
Außenbeziehungen im Energiebereich
-
Öl- und Gasvorräte und
Krisenreaktionsmechanismen
-
Energieeffizienz
-
Optimale Nutzung eigener
Energieressourcen der EU.
Förderung der für die Erfordernisse der EU wesentlichen
Infrastrukturen
Im dritten Legislativpaket
„Energiebinnenmarkt“ werden Investitionen insbesondere in
grenzübergreifende Infrastrukturen angeregt. Die Kommission ist der
Auffassung, dass eine Reihe von Infrastrukturprojekten als
Gemeinschaftsprioritäten zur Gewährleistung der
Energieversorgungssicherheit eingestuft werden sollten:
-
Entwicklung eines Verbundplans für
den baltischen Raum, bessere Anbindung der Region an die übrige
EU, Diversifizierung und Verbesserung der Sicherheit ihrer
Energieversorgung, Förderung von Solidarität;
-
Entwicklung eines südlichen
Gaskorridors für die Versorgung aus Quellen im kaspischen Raum,
im Nahen Osten sowie eventuell längerfristig auch aus anderen
Ländern im Interesse größerer Versorgungssicherheit;
-
angesichts des Beitrags von
Flüssigerdgas (LNG) zur Diversifizierung der Gasversorgung
sollten alle Mitgliedstaaten entweder unmittelbar selbst oder im
Rahmen von Solidaritätsvereinbarungen mit anderen
Mitgliedstaaten über ausreichende Kapazitäten verfügen. Dies
ist besonders für diejenigen Mitgliedstaaten von Bedeutung, die
derzeit hochgradig von einem einzigen Gaslieferanten abhängig
sind. Die Erstellung eines Aktionsplans für Flüssigerdgas sollte
erwogen werden;
-
Vollendung eines
Mittelmeer-Energierings, der Europa über Strom- und
Gasverbundleitungen mit den Ländern des südlichen
Mittelmeerraums verbindet, um die Energieversorgungssicherheit
zu verbessern und die Entwicklung des enormen Solar- und
Windenergiepotenzials der Region zu fördern;
-
Entwicklung eines Nord-Süd-Gas-
und ‑Stromverbunds in Mittel- und Südosteuropa, u. a. auf
Grundlage der Energiegemeinschaft, zur Unterstützung der
nationalen Energieregulierungsstellen und der
Fernleitungsnetzbetreiber;
-
Entwicklung eines Plans für ein
Nordsee-Offshorenetz zum Verbund der nationalen
Elektrizitätsnetze und zur Anbindung der zahlreichen geplanten
Offshore-Windkraftprojekte[1].
Das
ursprüngliche Instrument für die transeuropäischen Energienetze (TEN-E)
und dessen Haushalt wurden konzipiert und entwickelt, als die EU
deutlich kleiner war und im Energiebereich vor Herausforderungen
einer ganz anderen Größenordnung stand. Die Kommission legt daher
ein Grünbuch vor, worin Überlegungen darüber angestoßen werden, wie
das bestehende TEN-E-Instrument durch ein neues Instrument – das
EU-Instrument für Energieversorgungssicherheit und –infrastruktur –
ersetzt werden könnte, um u. a. auf die Vollendung des
Energiebinnenmarktes, die Gewährleistung der Netzentwicklung zur
Verwirklichung der EU-Ziele im Bereich der erneuerbaren
Energiequellen und die Gewährleistung der
Energieversorgungssicherheit der EU durch Infrastrukturprojekte
innerhalb und außerhalb der Union hinzuarbeiten. Außerdem leitet das
Grünbuch eine Erörterung der Frage ein, wie die Außenpolitik und die
Finanzinstrumente der EU am wirksamsten eingesetzt und entwickelt
werden können, um einen Beitrag zum Erreichen dieser Ziele zu
leisten.
Stärkere Gewichtung von Energie in den Außenbeziehungen der EU
Die EU muss ihre Anstrengungen zur
Entwicklung einer wirksamen Energie-Außenpolitik intensivieren. Sie
muss geschlossen auftreten, ermitteln, welche Infrastrukturen für
ihre Energieversorgungssicherheit am wichtigsten sind, sodann deren
Bau sicherstellen und mit abgestimmten Maßnahmen ihre
Partnerschaften mit den wichtigsten Energieversorgern,
Transitstaaten und Verbrauchern ausbauen. Die Kommission wird 2009
die konkreten Mechanismen ermitteln, die notwendig sind, um
Transparenz zwischen den Mitgliedstaaten und der EU zu
gewährleisten, damit eine gemeinsame Haltung entwickelt werden kann.
Konkret sind angesichts der
zunehmenden wechselseitigen Abhängigkeit der Staaten internationale
Regelungen als Rahmen für die in den nächsten Jahren benötigten
Großinvestitionen und Innovationen notwendig. Der europäische
Wirtschaftsraum und die Energiegemeinschaft mit unseren
Nachbarstaaten bilden diesbezüglich sehr gute Grundlagen. Eine
wirksame Zusammenarbeit mit Norwegen, das dem Europäischen
Wirtschaftsraum angehört, ist für die Energieversorgungssicherheit
der EU von wesentlicher Bedeutung. Einen Rahmen für die
Zusammenarbeit bietet auch die Energiegemeinschaft, die in
Südosteuropa einen in der EU verankerten integrierten Energiemarkt
bildet. Bei einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen würde
der Beitritt der Ukraine, der Republik Moldau sowie der Türkei zur
Energiegemeinschaft den Umbau der Energiesektoren dieser Staaten
beschleunigen und zu einem erweiterten Energiebinnenmarkt auf der
Grundlage gemeinsamer Regeln führen, der für alle Beteiligten
vorteilhaft wäre.
Europa muss in breit angelegten
Vereinbarungen mit außereuropäischen Erzeugerstaaten – namentlich
Russland und Staaten des kaspischen Raums – eine neue Generation von
Bestimmungen zur wechselseitigen Abhängigkeit im Energiebereich
erarbeiten. So wie Europa nach Versorgungssicherheit strebt, sind
ausländische Versorger und Unternehmen an Nachfragesicherheit
interessiert. Die zunehmend bedeutsame Rolle, die Afrika für die
Energieversorgung Europas spielt, muss analysiert werden.
Im Energiedialog EU-OPEC spiegelt sich
der Umstand wider, dass sowohl Erzeuger- als auch Verbraucherstaaten
ein Interesse an der Förderung einer geregelten Versorgung zu
erschwinglichen Preisen haben.
Für die Versorgungssicherheit sind
auch die Beziehungen zu anderen Verbraucherstaaten wichtig. Hier
muss die Zusammenarbeit zum Erzielen einer gemeinsamen Auffassung
von globaler Energieversorgungssicherheit sowie im Interesse der
Nachhaltigkeit vertieft werden. Fortschritte in Richtung einer
globalen Klimaübereinkunft könnten eine wirkungsvolle Triebkraft für
globale Zusammenarbeit und ein weltweites Umdenken sein.
Bessere Öl- und Gasvorratshaltung und Krisenreaktionsmechanismen
Die Kommission schlägt eine
Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften zu den strategischen
Erdölvorräten vor, um die Kohärenz mit der Regelung der
Internationalen Energieagentur zu verbessern, die Zuverlässigkeit
und Transparenz in Bezug auf die verfügbaren Vorräte zu steigern und
die Vorgehensweisen im Notfall zu klären. Um die Transparenz des
Ölmarktes zu verbessern, schlägt die Kommission vor, wöchentlich
aggregierte Daten zum Umfang der kommerziellen Ölvorräte der
Mineralölgesellschaften in der EU zu veröffentlichen.
Die Kommission kommt nach ihrer
Bewertung der Richtlinie zur Gewährleistung der sicheren
Erdgasversorgung zu dem Schluss, dass insbesondere eine stärkere
Harmonisierung der Versorgungssicherheitsstandards und im Voraus
festgelegte Notfallmaßnahmen auf regionaler wie auf EU-Ebene
notwendig sind. Daneben sollten die Schwelle für die Auslösung von
Maßnahmen auf EU-Ebene überprüft und die Kompensationsvorkehrungen
geklärt werden. Die Kommission ist der Ansicht, dass derzeit keine
ausreichende Veranlassung für die EU besteht, strategische
Gasvorräte verbindlich vorzuschreiben. Eine Überarbeitung der
Richtlinie zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung
[2] könnte 2010
erfolgen.
Neue Impulse für
die Energieeffizienz
Der Aktionsplan für Energieeffizienz
aus dem Jahr 2006 wird 2009 überprüft. Zwischenzeitlich wird das
Energieeffizienzpaket 2008 vorgelegt, dessen Schwerpunkte auf einer
Verbesserung der Rechtsvorschriften zur Energieeffizienz von
Gebäuden, der Energieeffizienz-Kennzeichnung sowie einer
nachdrücklicheren Durchführung der Richtlinie zur umweltgerechten
Gestaltung (Ökodesign) und zur Kraft-Wärme-Kopplung liegen. Dies
sind ausnahmslos Gebiete, auf denen Verbesserungen der
Energieeffizienz erzielt werden können, die sich erheblich auf den
Energieverbrauch und die Energieversorgungssicherheit Europas
auswirken würden. Die Kommission arbeitet gemeinsam mit der
Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung und anderen Finanzinstituten an einer
neuen Finanzierungsinitiative für nachhaltige Energie, die es
möglich machen soll, auf den Kapitalmärkten kräftige Investitionen
in Energieeffizienz sowie erneuerbare Energiequellen, den sauberen
Einsatz fossiler Brennstoffe und die Kraft-Wärme-Kopplung unter
Verwendung erneuerbarer Energiequellen in Europas Städten zu
mobilisieren.
Bessere
Nutzung eigener Energiereserven der EU
Nur
46 Prozent des europäischen Energiebedarfs werden aus heimischer
Produktion gedeckt
[3]. Die potenziell größte heimische
Energiequelle der EU sind erneuerbare Energieträger. Heute entfallen
ca. 9 Prozent des Endenergieverbrauchs der EU auf erneuerbare
Energieträger, als Ziel für 2020 wurde ein Anteil von 20 Prozent
vereinbart. Der Technologie kommt bei der Entwicklung sowie
kosteneffizienten und nachhaltigen Nutzung unserer eigenen
Ressourcen eine zentrale Rolle zu; der nächste Schritt im Rahmen des
Europäischen Strategieplans für Energietechnologie
[4] wird daher in einer Mitteilung
zur Finanzierung von Technologien mit geringer Kohlenstoffintensität
bestehen. Darin werden Möglichkeiten der Unterstützung
großmaßstäblicher Demonstrationsprojekte auf EU-Ebene vorgeschlagen,
darunter bis zu zwölf Demonstrationsanlagen für CO2-Abscheidung,
‑Verbringung und ‑Speicherung (CCS). Das Ziel Europas, bis 2015 bis
zu zwölf Demonstrationsanlagen in gewerblichem Maßstab zu betreiben,
und die beim G8-Gipfel eingegangene Verpflichtung, bis 2020 weltweit
zwanzig Demonstrationsanlagen in Betrieb zu nehmen, erfordert
stärkere Anreize, als derzeit bestehen. Die Nutzung von Kohle ist
langfristig mit den Klimaschutzzielen nur vereinbar, wenn
überwiegend hocheffiziente Anlagen betrieben werden und die
CO2-Abscheidung und ‑Speicherung in großem Maßstab verfügbar ist.
Das Berliner Forum für fossile Brennstoffe
[5] wird untersuchen,
welche zusätzlichen Maßnahmen auf nationaler und gemeinschaftlicher
Ebene und in Partnerschaft mit Norwegen getroffen werden könnten, um
einen kosteneffizienten und umweltverträglichen Zugang zu
einheimischen fossilen Brennstoffen der EU weiter zu fördern.
Die Entscheidung über Investitionen in
die Nutzung der Kernkraft liegt bei jedem einzelnen Mitgliedstaat.
Der in der gesamten EU geltende Rahmen für die nukleare Sicherheit
und Sicherung geht jedoch alle an. Es wird ein gemeinsamer
Rechtsrahmen für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen und die
Entsorgung radioaktiver Abfälle benötigt. Die Kommission legt
demnächst einen geänderten Vorschlag für eine Richtlinie über
nukleare Sicherheit vor.
4. Entwurf eines
Zukunftsbildes für 2050
In der Agenda der EU für 2020 sind die
wesentlichen ersten Schritte des Übergangs zu einem hocheffizienten
Energiesystem mit geringer Kohlenstoffintensität ausgeführt. Die EU
muss ein Zukunftsbild für 2050 und eine politische Agenda für 2030
erarbeiten. Die grundlegenden technologischen Umstellungen, die
Voraussetzung für eine kohlenstoffemissionsfreie Stromversorgung der
EU, die Überwindung der Ölabhängigkeit des Verkehrs,
Niedrigenergiehäuser und Gebäude mit positiver Energiebilanz sowie
einen intelligenten Elektrizitätsnetzverbund sind, werden nur mit
einem koordinierten Konzept für Forschung und technologische
Entwicklung, Regulierung, Investitionen und Infrastrukturentwicklung
erfolgen. Daneben muss der Übergang zu einem hocheffizienten
Energiesystem mit geringer Kohlenstoffintensität nicht nur in
Europa, sondern weltweit gefördert werden. Die Kommission wird im
Rahmen des Strategieplans für Energietechnologie im Benehmen mit
Vertretern der Mitgliedstaaten, Wissenschaftlern und
Industrieexperten eine Wegskizze zur Energiepolitik im Jahr 2050
erstellen.
Weitere Informationen der EU-Kommission
Erläuterungen, bzw. Fußzeilen:
Quelle:
Presseinfo der EU-Kommission vom 13.11.2008
|EU-Presseinfo: Aktionsplan und
Energiestrategie (pdf, Deutsch)
|EU-Kurzinfo: Aktionsplan und
Energiestrategie
(pdf, Englisch)
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